Preisentwicklung Ladetarife

Man hört gerade immer sehr viel von der Kopplung des Strompreises an den Gaspreis.

Das wird immer so deklarativ präsentiert, das ist aber nicht wirklich so.

Es gibt kein Gesetz und keine Vorgabe in der das so drinsteht.

Es ist eine implizite Abhängigkeit durch die Art wir bei uns auf Energie geboten wird.

Hatten wir ja schon mal: Merit Order

Einfach gesagt: Ich will an der Börse ein Kontingent an Strom kaufen.

Dann dürfen alle Anbieter anbieten (idealerweise zu Grenzkosten), auch Bruchteile der gefragten Menge.

Dann werde die Angebote eingesammelt und man füllt die Anfrage auf, beginnend mit den günstigsten Positionen, bis die Anfrage befriedigt ist.

Und jetzt kommt der Knackpunkt: Alle bekommen den Preis der letzten Position, die zum Zuge gekommen ist (also der teuersten).

Das ist Merit Order. Wer es noch genauer wissen will, der kann das bei Wikipedia nachlesen.

Die teuersten Kraftwerke sind im Moment die Gaskraftwerke. Und damit bestimmt das teuerste Gaskraftwerk den ganzen Preis.

Also gehen auch die sehr günstigen Erneuerbaren, die von den PV Betreibern für 10 Cent eingesammelt werden, für einen Euro über die Theke.

Noch eine Bemerkung am Rande: Durch die Notlage in Frankreich verbrennen wir gerade mehr Gas für die Stromerzeugung als 2021.

Das Chaos am Strommarkt ist also selbstgemacht. Will nur keiner von den Politikern sagen.

Das wird sich auch nicht so schnell ändern, weil die ganzen Prognosetools und Handelstools dieser Mechanik folgen.

Auch muss es natürlich von der EU genehmigt werden.

Wenn es in Frankreich regnet und die ihre Kernkraftwerke wieder hochfahren können, oder man sich von Merit Order verabschiedet, könnte sich der Strommarkt beruhigen. Aber im Moment sind es keine schönen Aussichten.

In der Presse wird gerade sehr viel dazu geschrieben, dass der Strommarkt in der aktuellen Ausnahmesituation nicht mehr funktioniert.

Z.B. auch hier bei der Tagesschau.

Meist ist der Erklärung dazu sehr ungenau und nur teilweise durchgeführt.

Und in den meisten Artikeln fehlt das wichtige Stichwort "Merit Order".

Aber wenn man in die Suchanfrage "Merit Order" einbaut, findet man auch sehr gute Artikel.

Zitat von siduenho

Ist das echt so?

Ja. Das ist echt so. Es gibt einen Unterschied, der aber nicht preisrelevante ist, oder nur indirekt: Die Grenzkosten der erneuerbaren werden mit 0 angesetzt. Somit müssen alle erneuerbaren Quellen gezogen werden, bevor ein klassisches Kraftwerk zum Zuge kommt.

Aber sonst ist meine Aussage korrekt, dass das teuerste Kraftwerk den Preis bestimmt. Die Idee war, dass damit die erneuerbaren Energien Vorrang haben, da sie gut verdienen können, wenn es noch Kraftwerke mit hohen Grenzkosten gibt. Im Idealfall gibt es dadurch immer mehr erneuerbare Energie und die Kosten sinken. Das Spiel geht halt nicht auf, wenn gegen jedes Windrad geklagt wird und es Bundesländer gibt, die eine einstellige Zahl von Windrädern pro Jahr in Betrieb nehmen. Und dann haut halt Putin noch rein. Merit Order ist nicht per se schlecht, aber aktuell nicht sinnvoll. Die einen sagen, weil Putin das Gas so teuer gemacht hat und Frankreich Strom importieren muss. Ich sage, dass unsere Regierung bei dem Ausbau der Erneuerbaren gepfuscht hat (oder aktiv hintertrieben - siehe BW, Bayern, ..). Was gibt es da eigentlich noch nachzudenken? Jährlich Milliarden für fossile Brennstoffe raushauen, oder Strom selber zu guten Preisen produzieren?

Aber die eigentliche Frage ist ja noch nicht beantwortet. Ich habe mal im Netz nach Quellen gesucht, die nicht sofort ins Trader-Sprech abdriften und das Thema dennoch gut darlegen. Hier etwas: Spektrum

Zitat von Englaender

Alles etwas komplizierter

Da stimme ich voll und ganz zu. Ich versuche aber die Wirkmechanismen einzelner Marktinstrumente aufzuzeigen. Ich denke, dass ich das nicht unerlaubt vereinfacht habe :-). Ein Hinweis auf DayAhead wäre jedoch korrekt gewesen. Aber in einem früheren Post bin ich schon einmal auf die langfristige, mittelfristige und kurzfristige Beschaffung eingegangen.

Auch werden immer noch mehr als 70% der Mengen OTC (Over The Counter) abgewickelt. Wobei man sich natürlich an den Marktpreisen orientiert.

Ich vergleiche es immer mit Lego. Man versucht die Stromverbrauchskurve als Anbieter aus Legosteinen zusammenzubauen. Zuerst gibt es Jahresprodukte, die kann man schon weit in die Zukunft kaufen. Das sind die ganz langen Steine. Dann kommen Quartalsprodukte sukzessive auf den Markt, das wären dann die 12er Steine, danach die Monatsprodukt als 4er Stein. Am Schluss die DayAhead als 2er und die Intraday als 1er. Am Ende hat man dann eine schöne Kurve, die die Versorgung abbildet.

Ich habe jetzt noch mal meine alten Unterlage und Links aus den Archiven geholt. Den Artikel fand ich damals recht verständlich: Wie entsteht unser Strompreis.

Bei dem Thema ist immer das Spannungsfeld, dass man zu kurz springt, oder die Leute mit mit Börsenspezifika überfährt. Nicht jeder will Terminmärkte, Optionshandel, Spotmärkte, Settlementpreise ... verstehen, nur um eine Idee zu bekommen wie unser Strompreis entsteht.

Aber Ergänzungen und Anmerkungen wie die von Englaender sind durchaus willkommen.