Zusammenfassung: (tl;dr;)
*A Better Routeplanner (ABRP) ist super
* Fahrt Richtgeschwindigkeit; Rasen rentiert sich mit E-Autos nicht wirklich
* Ladet möglichst direkt an der Autobahn
* Fahrt lieber kürzere Etappen (ca. 100 - 150 km) und ladet von 10% bis 40-60%
* Bei längeren Etappen kann man auch von 10%-80% laden
Optimale Reisegeschwindigkeit und Etappenlänge
Hi Zusammen,
in dem Thread wollte ich mal meine Überlegungen zur optimalen Reisegeschwindigkeit mit dem ID.3 vorstellen.
Die Überlegungen sind rein theoretisch, da unser ID3 noch auf sich warten lässt.
Ich hatte bereits mal in einem anderen Thread eine Abbildung geteilt. Allerdings hatte ich dabei einen Rechenfehler und das Ergebnis war komplett falsch.
Daher hier nochmal der Hinweis: Das folgende kann auch komplett falsch sein, ich gebe keine Gewähr auf die Berechnungen. Falls ich/ihr Fehler findet, versuche ich das natürlich zu berichtigen.
Rohdaten
Für die Ladekurve habe ich die Werte des Youtubers Battery Life verwendet [1]. Auch die Werte für den Verbrauch habe ich aus dessen Video [2].
Warum die Werte für den Verbrauch wichtig sind, leuchtet vermutlich jedem sofort ein. Aber auch die Ladekurve beeinflusst die Überlegungen hier sehr stark.
Verbrauchswerte
Falls Ihr die Berechnungen nachvollziehen wollt, hier findet Ihr nochmals die Werte aus dem Video [2]:
Durchschnittliche Geschwindigkeit [km/h] | Verbrauch [kWh/100km] |
86,2 | 13,3 |
101,6 | 17,0 |
118,5 | 21,8 |
142,2 | 31,6 |
Quadratisch mit Google Docs gefittet ergibt sich folgender Graph mit einer quadratischen Trendlinie.
Verbrauch und Geschwindigkkeit.png
Energieverbrauch (Evb) [kWh/100km] in Abhängigkeit der Geschwindigkeit x [km/h]
Evb (x) = 16 -0,245x + 2,5E-03x2
Ladekurve
Die Ladekurve habe ich Anhand einiger bekannter Ladekurven "idealisiert".
Von 0% bis 30% State-of-Charge (SoC) habe ich 100kW Ladeleistung verwendet. Anschließend verringert sich die Ladeleistung linear auf 50kW bei 70%, bleibt dann konstant bei 50kW bis 80% und verringert sich wieder linear bis 15kW bei 100%. Besser wäre es gewesen, eine vollständige Ladekurve als Tabelle zu verwendet, diese habe ich leider noch nicht gehabt. In folgender Abbildung ist die idealisierte Ladekurve und die experimentellen Werte des Youtube Channels Battery Life dargestellt.
Optimales Laden
Wer schnell Reisen will, der muss auch schnell laden. Daher betrachte ich das hier zunächst.
Wenn man sich die "idealisierte" Ladekurve ansieht, erkennt man schnell, dass man optimaler Weise zwischen 0% und 30% auflädt, da hier die Ladeleistung am höchsten ist. Hierbei werden allerdings noch 2 Aspekte ignoriert, welche in der Praxis natürlich relevant sind:
- Einerseits benötige ich je Ladestopp eine gewisse Zeit um von der Autobahn abzufahren, den Schnelllader zu suchen, anschließend parken, gegebenenfalls auf eine freie Säule warten, Ladesäule freischalten etc. Diese extra Zeit nenne ich hier einfach mal "Offset".
- Außerdem will man vermutlich nicht mit 0% SoC am nächsten Schnelllader angekommen und im Falle einer defekten Säule dort stranden. Selbst die absoluten Profis, wie der Youtuber Christian Stadler (Battery Life) oder Bjørn Nyland (Teslabjorn), planen meistens den nächsten Ladepunkt mit 10% SoC zu erreichen. Das ist ebenfalls die Voreinstellung bei ABRP. Daher habe ich dies für meine Betrachtungen ebenfalls als Minimum gesetzt.
Ich werde jetzt auch den Begriff "Ladehub" verwenden. Wenn ich z.B. von 10% auf 50% geladen habe, dann habe ich die Batterie um 40% aufgeladen, also einen Ladehub von 40% verwendet. (Wie vorhin geschrieben, starten wir immer bei 10% SoC).
Daher ist es auch klar, dass der maximale Ladehub nur 90% sein kann (also von 10% auf 100%).
Betrachten wir also als nächstes die durchschnittliche Ladeleistung. Wenn ich von 10% auf 30% auflade, habe ich eine durchschnittliche Ladeleistung von 100 kW. Wenn ich aber bis 50% auflade ist die durchschnittliche Ladeleistung geringer (weil die Ladeleistung ab 30% sinkt). Die durchschnittliche Ladeleistung hängt also davon ab, wieviel ich aufladen möchte (also dem Ladehub). Dies könnt ihr im folgenden Diagramm sehen (blaue Linie). Hier habe ich die durchschnittliche Ladeleistung in Abhängigkeit des Ladehubs dargestellt:
Was lässt sich noch erkennen? Wie vorher bereits erwähnt, benötigt man pro Ladestopp nochmals eine extra Zeit (Offset). Die unterschiedlichen Kurven im Diagramm entsprechen dem unterschiedlichen Offset von 0min bis 7min.
Ergebnisse: (Das meiste habt ihr vermutlich bereits intuitiv so vermutet)
- Es gibt einen Hochpunkt der durchschnittlichen Ladeleistung der je nach Offset bei grob 30% bis 50% liegt. Man sollte also, wenn man schnell Laden will, bis grob 40% bis 60% aufladen
- Je mehr extra Zeit man benötigt (z.B. weil der Schnellader nicht an der Autobahn ist), desto niedriger die durchschnittliche Ladeleistung. Der Hochpunkt wandert zu einem höheren Ladehub. Wenn man also von der Autobahn abfährt, sollte man eher mehr aufladen. Aber die Kurve wird insgesamt deutlich flacher, es macht also keinen so deutlichen Unterschied mehr aus.
- Die Kurven unterscheiden sich stärker als ich gedacht hätte. Es rentiert sich anscheinend sich bei den Ladestopps zu beeilen, hier zählt jede Minute
- Die durchschnittliche Ladeleistung ist ganz grob im Bereich 65 kW bis 75 kW.
Für die späteren Berechnungen habe ich noch eine Gleichung benötigt, welche diese durchschnittliche Ladekurve widerspiegelt. Dafür findet Ihr die beiden 3min und 5min Kurven in folgender Abbildung nochmals mit einer polynomischen Ausgleichskurve:
Für z.B. ein 5min Offset ergibt sich dann folgende Gleichung für die Ladeleistung P in Abhängigkeit des "Ladehubs" x
P(x) = 14,9 + 339x -747x^2 + 715x^3 + -267x^4
(z.B. für einen Ladehub von 40% ist x=0,4 und damit P(0,4) = 69,9 kW)
Optimale Reisegeschwindigkeit
Jetzt kennen wir realistische Werte für die durchschnittliche Ladeleistung und den Energieverbrauch.
Anhand der Daten kann man eine effektive Geschwindigkeit in Abhängigkeit der gefahrenen Höchstgeschwindigkeit berechnen. In der folgenden Abbildung ist dies dargestellt:
Je schneller man fährt, desto mehr Verbrauch hat man. Je nach durchschnittlicher Ladegeschwindigkeit ergibt sich eine andere optimale Reisegeschwindigkeit. Man sieht (was vermutlich auch jeder so erwartet hätte):
- Es gibt einen Turnaround (bzw. Hochpunkt). Also ab einer gewissen Geschwindigkeit, sinkt die effektive Geschwindigkeit
- Bei langsamer Ladegeschwindigkeit (z.B. 22 kW bis 35 kW (z.B. im Winter)) ist die optimale Geschwindigkeit im Bereich von 90 bis 110 km/h
- Durch die hohe Ladegeschwindigkeit des ID.3 (insbesondere der 77kWh Version), kann man auch schneller Fahren. Ca. 120 bis 130 km/h.
- 160 km/h fahren rentiert sich nicht.
Das Diagramm ist für die Praxis allerdings gar nicht so relevant. Hier wird beispielsweise immer eine durchschnittliche Ladeleistung von 75 kW (rote Kurve) verwendet. Das war ja ein Ladehub von ca. 40%. Und sobald die Batterie 10% SoC erreicht, ist auf magische Weise wieder eine Schnellladesäule da.
Das ist selbstverständlich in der Praxis nicht gegeben. Da haben wir immer einen festen Abstand zwischen den Schnellladesäulen, welchen wir einhalten müssen. Das betrachte ich im nächsten Abschnitt.
Etappenlänge
Angenommen wir wollen eine Etappe mit einer Länge von 200 km fahren. Wenn wir auf dieser Etappe unsere Durchschnittsgeschwindigkeit erhöhen und einen höheren Verbrauch erzielen, müssen wir natürlich auch mehr laden. Mit einer geringeren Geschwindigkeit brauche ich möglicherweise nur einen Ladehub von 40%, mit einer höheren Geschwindigkeit allerdings bereits 80%. Aus dem vorhergehenden Text wissen wir aber, dass die durchschnittliche Ladegeschwindigkeit vom Ladehub beeinflusst wird. Daher ist dann erneut die Frage: Wie hoch ist die optimale Reisegeschwindigkeit, bei festen Etappenlängen.
Ich habe das mal für 3 unterschiedliche Etappen dargestellt. Dabei fahren wir also von einem zum nächsten Ladepunkt, entweder 100km, 150km oder 200km.
Wir laden (startend bei 10%) jeweils genau soviel, dass wir die Etappe mit der jeweiligen "gefahrenen Höchstgeschwindigkeit" schaffen. Der Verbrauch (in Prozent) ist hier also gleich dem Ladehub. Die Kurven haben hier ein Ende, weil hier mehr also 100% geladen werden müsste.
Die beiden Abbildungen zeigen dieselben Kurven, nur mit verschiedenem Ausschnitt (Zoom):
Effektive Geschwindigkeit (inkl. Ladestopps) für unterschiedliche Distanzen (zwischen den Schnellladern) in Abhängigkeit der gefahrenen durchschnittlichen Geschwindigkeit - bei 5min extra Zeit pro Ladestopp.pngEffektive Geschwindigkeit (inkl. Ladestopps) für unterschiedliche Distanzen (zwischen den Schnellladern) in Abhängigkeit der gefahrenen durchschnittlichen Geschwindigkeit - bei 5min extra Zeit pro Ladestopp (1).png
(Die extra Zeit je Ladestopp "Offset", habe ich hier mit 5min gewählt)
Ich habe die Werte für die 3 "Hochpunkte" hier nochmals zusammengeschrieben. Das sollten also die optimalen Reisegeschwindigkeiten für die jeweilige Etappenlänge sein (beachtet auch den jeweiligen Verbrauch). Natürlich ist die Kurve um den Hochpunkt herum, sehr flach und es ist daher nur vernünftig eher etwas langsamer zu fahren. Durch etwas langsameres fahren ändert sich die effektive Geschwindigkeit kaum, fährt man schneller sinkt die effektive Geschwindigkeit sogar:
Etappenlänge | optimale Geschwindigkeit | Verbrauch (bzw. Ladehub) |
Ladeleistung | Effektive Geschwindigkeit | Ladezeit | Fahrzeit | Gesamtzeit |
[km] | [km/h] | [%] | [kW] | [km/h] | [min] | [min] | [min] |
100 | 132 | 46,63% | 70,4 | 87,6 | 23 | 45 | 68 |
150 | 125 | 62,80% | 68,7 | 86,7 | 32 | 72 | 104 |
200 | 119 | 76,23% | 65,8 | 85,0 | 40 | 101 | 141 |
Ergebnisse:
- Es gibt einen deutlichen Turnaround, fährt man schneller sinkt die effektive Geschwindigkeit
- Kürzere Etappen erhöhen die effektive Geschwindigkeit, fahrt also lieber Etappen in der Größe von 100km bis 150km.
- Bei längeren Etappen könnt ihr auch mehr Laden. z.B. bei 200km Etappenlänge kann man von 10% bis 86% laden (laut Tabelle).
- Für längere Etappen sinkt die optimale Reisegeschwindigkeit (eher 120, statt 130)
[1] https://docs.google.com/spread…WsMrA/edit#gid=1236251277